Berichte von 03/2016

In den Bergen von Ha Giang

04März2016

Um in den äußersten Nordwesten von Vietnam und zu der untouristischen Provinz Ha Giang zu kommen, musste ich einen ganzen Tag Anreise in Kauf nehmen. Aber ich hatte ja genügend Zeit und den Nachtbus wollte ich wenn möglich, vermeiden. Der Tag der Anreise verlief etwas holprig und ich musste Nervenstärke beweisen, doch etliche Vietnamesen waren an diesem Tag besonders hilfsbereit was Wegbeschreibung und das Finden der richtigen Buslinien betraf. 

Ich kam also im kühlen und verschlafenen Ha Giang am Abend an und ich wollte mich am nächsten Tag  schlau machen, wie ich zu einer Motorradtour in den Bergen kommen kann, ohne zu viel zu zahlen und nicht alleine fahren zu müssen. Ich fand aber keine der im Reiseführer angegeben Touristenbüros und auch keine anderen Backpacker. Zudem war das Wetter auch nicht besonders gut und ich war etwas betrübt. Es wurde ein Faulenzertag daraus. Am Abend suchte ich im Internet nach empfehlenswerten Restaurants und da kam die ersehnte Hilfe: Es gab genau einen einzigen Coffeeshop, der nebenbei auch eine Art Touristenbüro war und die Besitzerin konnte gut Englisch. Ich begab mich sofort dorthin und plötzlich waren dort auch zwei andere Backpacker (zwei junge Mädels aus Deutschland) und alles kam ins Rollen. Ich fuhr mit den zwei Mädels am nächsten Tag mit dem Roller in der umliegenden Gegend etwas herum und die Besitzerin Dung half mir bzgl. Motorradtour. Da die angebotenen Touren eindeutig zu teuer für mich waren, entschied sich Dung spontan, selbst mit mir in die Berge zu fahren und einen Spezialpreis anzubieten. Ich war ihr sehr dankbar. 

Ich fuhr also mit ihr für drei Tage in die Gegend um Dong Van, Meo Vac und zum Flaggenturm, der bereits an der chinesischen Grenze steht. Die Gegend ist wirklich atemberaubend, man sieht allerhand Reisterrassen und es ist erstaunlich, wie die ethnischen Minderheiten inmitten des felsigen Gebirges ihr hartes Leben führen. Die Bilder erklären glaub ich den Rest (siehe auch Titelbild oben):

   (das ist China!) 

 (Wäsche waschen) 

 (Dung, mein Tourguide)

Ich konnte mir eine Winterjacke ausborgen und das war auch notwendig, denn auf dem Roller und Abends in den Bergen wird es wirklich frostig und die Hotels haben keine Heizung! Dank guter Bettdecken überstanden wir die Nächte jedoch gut. Dung arbeitet für die Regierung und versucht mithilfe von Kooperationen den ethnischen Minderheiten zu helfen und will auch den beginnenden Tourismus in dieser Gegend miteinbeziehen. Sie hat viele Ideen und ihr Arbeitseifer ist bemerkenswert.

Wieder zurück in Ha Giang, traf ich jede Menge Backpacker, die auch eine Motorradtour machen wollten (das Wetter war in der Zwischenzeit auch viel besser geworden) und ich dachte mir: Hättet ihr nicht ein paar Tage früher auftauchen können?? Dann hätte ich mir viel Geld erspart, aber danach ist man immer schlauer. 

Da ich noch immer jede Menge Zeit zur Verfügung hatte, entschied ich mich für ein paar entspannte Tage in einem naheliegenden Dorf, wo auch Homestays angeboten werden. Dung verhalf mir wiedermal, einen Kontakt herzustellen und so landete ich im idyllischen Thon Tha. Ich kam mir vor wie bei Asterix und Obelix, weil die Bauart der Häuser mich daran erinnerte. Ich konnte einen Nachmittag beim Reis anpflanzen mithelfen und es tat gut, mal "richtig" zu arbeiten, auch wenn es ziemlich schnell zu Lasten des Rückens geht. Es stand auch eine Hochzeit bevor und da trifft sich das halbe Dorf und isst gemeinsam und trinkt Reiswein - drei Tage lang. Ich war auch dazu eingeladen und da ich die einzige Touristin dort war, wollte jeder mit mir trinken und ein Nein wurde nicht akzeptiert. Es war lustig und trotz Sprachbarriere konnte ich die wichtigsten Fragen beantworten (Name, Alter, Verheiratet?). Beim Nachhausegehen spürte ich dann den Alkoholgehalt und am nächsten Morgen begrüßte mich der Kater. 

 

Am nächsten Tag ging es aber weiter und ich verweigerte entschieden den Reiswein! Zum Glück waren in der Zwischenzeit zwei Argentinier im Homestay angekommen und tranken anstatt mir mit den Dorfbewohnern. Das Essen war allerdings  nicht so ganz mein Fall, weil es vor allem Fleisch in verschiedensten Variationen gab (viel Fett, Knochen und eigenartige Wurstverarbeitungen) und nur wenig Gemüse, aber gut. 

Am dritten Tag unternahmen wir eine gemütliche Wanderung zu den nächsten Dörfern oben in den Bergen und unser Guide war eine 60-jährige Frau aus dem Dorf und sie spazierte den Berg in Plastikschlapfen hoch!

Ich genoss diese Tage in dem Dorf, den Kontakt mit den Einheimischen, die Sonne auf meiner Haut (seit langem wurde mal wieder Sonnencreme benötigt -juhuu) und die Bekanntschaft mit den Argentiniern Martin und Javier.

 (unsere Unterkunftgeber mit Javier und Martin)

(unsere Unterkunft)

Ninh Binh

14März2016

Nur schwer konnte ich mich von meinen liebgewonnenen Argentiniern trennen und fuhr zum Touristenmagnet schlecht hin in Nordvietnam: Sapa. Dass es touristisch sein würde, war mir klar, dass mir das aber zuviel werden würde, nicht. Es spielten aber mehrere Faktoren zusammen. Ich hatte genug von der Kälte, es war extrem neblig und ich sah von der fantastischen Landschaft genau gar nichts. Meine generelle Reiselust hatte sowieso ein Tief, für eine richtige Wanderung hätte ich mir extra Ausrüstung kaufen müssen und einen Homestay wollte ich auch nicht machen, denn ich kam ja gerade von einem. 

Daher tat ich das, was ich auch immer gesagt habe, dass ich nämlich einfach weiterreise, wenn es mir wo nicht gefällt. Ich bin also ohne irgendwas in Sapa zu unternehmen, vom Nordwesten einmal quer durch, in den Nordosten des Landes gefahren, nach Ninh Binh. Dort bekam ich genau das, was ich so dringend brauchte. Wärme, nette Backpacker um mich, eine schöne Gegend die ich auf eigene Faust erkunden konnte, kaum Touristen.

Von Ninh Binh aus kann man die sogenannte "Trockene Halongbucht" erkunden. Es sind die gleichen Felsformationen wie in der berühmten Halongbucht, jedoch nicht mitten im Meer, sondern zwischen Reisfeldern und Flüssen. Mit dem Scooter, Fahrrad oder einem kleinen Boot kann man sich diese schöne Gegend zu Gemüte führen. Ich nutzte alle drei Varianten. Mit dem Scooter ging es zusammen mit einer sehr sympathischen jungen Französin zum Bai Dinh- Pagodenkomplex, der erst 2010 fertiggestellt wurde und der größte in ganz Vietnam ist. 

  

Den zweiten Tag radelte ich mit einem Engländer zwischen den Reisfelder umher und genoss es zutieftst, etwas sportlich aktiv zu sein.

 

Am dritten Tag bestieg ich dann ein Boot (zusammen mit einer lautstarken, schnatternden und kichernden Frauengruppe aus Vietnam - es war der Weltfrauentag) und fuhr damit durch ein paar Höhlen und genoss die Umgebung (obwohl es ruhiger hätte sein können).

Die Abende brachten mich zusätzlich aus meinem Reisetief heraus: Tolle Gespräche mit anderen Reisenden und lustige Stunden mit Einheimischen (inkl. gegrillter Hühnerfüße  und Schlangenwein)  - so muss Backpacking sein! Ich fühlte es wieder!

 

Cat Ba - und das Ende einer ganz besonderen Zeit

15März2016

Mein letztes Ziel war und ist die Cat-Ba Insel, nahe der Halongbucht. Eigentlich wollte ich mit Kathi schon dorthin, aber das Wetter schien damals viel zu schlecht zu sein. Zwar kann man auch heute von keinem Badewetter sprechen, aber es regnete zumindest (fast) nicht. Ich landete in einem netten Hostel und lernte gleich Leute kennen, leider wurde ich noch am selben Abend krank und konnte die vereinbarte Trekkingtour am nächsten Tag nicht antreten. Glücklicherweise handelte es sich nur um erhöhte Tempereratur, die ich schnell wieder in den Griff bekam. Trotzdem blieb ich für zwei Tage im Hostel, immerhin steige ich in wenigen Tagen in den Flieger und da kann ich Fieber gar nicht gebrauchen.

Montag und Dienstag konnte ich dann doch noch die Insel mit dem wunderschönen Nationalpark erkunden und sogar die Sonne lachte für uns. Ich traf witzigerweise auch wieder den Israeli Shaked,  mit dem ich im Dezember den Loop in Pakse/Laos gemacht habe. Auf dem Gipfel des Nationalparks! 

 (am Ngu Lam im Nationalpark mit Shyam) 

Ich bin mit dem Amerikaner Shyam (San Francisco) vom gleichen Hostel unterwegs, der sogar im gleichen Flieger wie ich sitzen werde, wenn es von Hanoi nach Bangkok geht. Beide sind wir am Ende unseres monatelangen Trips und blicken zurück auf unzählige Erlebnisse, die lustig, anstrengend, unerwartet, wunderschön, nervtötend oder bewegend waren.

Es ist schwer, eine so lange Zeit irgendwie zusammenzufassen, darum versuche ich es erst gar nicht. Es geht ja auch eher darum, was ich mir von dieser Reise mitnehme für mich selbst und dazu gehören auf jeden Fall: Selbstbewusstsein, innere Stärke, Geduld und Durchhaltevermögen, Selbstregulation, das Hier und Jetzt genießen, flexibel bleiben, und vor allem Anpassungsfähigkeit bzgl. Luxus, Kultur und Sprache.

Was ich vermissen werde: Vor allem die Freiheit, jeden Tag nach meinen eigenen Vorstellungen gestalten zu können und fast täglich tolle Leute aus der ganzen Welt kennenzulernen (von Neuseeland bis Südamerika) mit denen man spontan den Tag verbringt.

Was ich definitiv nicht vermissen werde: Laute asiatische Popmusik immer und überall, Touristenpreise, Schlafbusse, Fragen wie: Taxi? Taxi? Tuktuk? Where you go? Where are you from? Koriander, trockenes Weißbrot.

Auf was ich mich freue zuhause: Familie und Freunde!! Knuspriges Vollkornbrot mit guter Butter, Gemüseauflauf mit Kartoffeln, gute Schokolade und selbstgemachte Mehlspeisen, Käse, Chorsingen, Auswahl an Kleidung und Schuhen, Autofahren, Heizung, selber kochen, Katze Mira, guter schwarzer Kaffee, Fixpreise usw.

Ich bin diese Reise angetreten um zu wachsen, um mich selber besser kennenzulernen, um etwas von der Welt zu sehen. All das hab ich sicher erreicht und noch darüber hinaus kenne ich nun tolle Persönlichkeiten aus der ganzen Welt. Daher habe ich das Gefühl, nicht nur Südostasien gesehen zu haben, sondern auch ein winzig kleines Stück Israel, USA, Brasilien, Argentinien, Neuseeland, Norwegen, Südkorea, Deutschland, England, Irland, Frankreich, Schweiz, Finnland, die Niederlande, Spanien, Kanada, Schweden, Belgien, Italien uvm.

Ich weiß, dass dies sicher nicht meine letzte längere Reise war und daher kann ich auch gut nachhause kommen. Ich freue mich auf euch und bedanke mich von tiefem Herzen fürs Lesen meines Blogs. Auch für mich war es wichtig, meine Erlebnisse mit euch teilen zu können und niederzuschreiben. 

4 Monate und rund 20 Tage eigenständig (aber nie einsam) durch 4 Länder und in über 55 verschiedenen Unterkünften (exklusive Nachtbusse). Da wird das eigene Bett, im eigenen Land, auch mal wieder recht :)

Bis gleich